Kindle-Handbücher in gedruckter Form stellen eine Rarität dar. Sogar der Kindle selbst hat das offizielle Kindle-Handbuch nur in elektronischer Form an Bord. Da es sich bei E‑Readern um ein neues Phänomen handelt, ist die geringe Auswahl geradezu verwunderlich. Woher soll man wissen, wie so ein Gerät funktioniert oder was es alles kann? Diese und mehr Fragen zu beantworten, hat sich Autor Christian O. Schilling zur Aufgabe gemacht.
Äußere und innere Werte
Christian O. Schillings Kindle-Handbuch »Kindle: Praktisches Handbuch für alle Modelle: Kindle Touch, Kindle 4, Kindle Keyboard« (im mitp-Verlag erschienen) kommt zunächst handlich daher. Das rund 180 Seiten starke Taschenbuch ist kaum größer als ein Kindle 4 oder Kindle Touch – und auch nicht viel tiefer. Die Schrift ist der Größe geschuldet etwas kleiner als gewöhnlich, lässt sich aber noch gut lesen. Dem Erscheinungsdatum nach (August 2012) müsste das Werk aktuell sein. Und tatsächlich: sogar das neue Kindle 4‑Update 4.1.0 wurde berücksichtigt – vorbildlich.
Aufgeteilt ist das Buch in fünf Kapitel. Kapitel 1, „Der Kindle“, klärt über die Grundfunktionen und Bedienung des Kindle auf. In „Inhalte für den Kindle“ wird abgehandelt, wie man an ein Buch kommt, und wie man andere Inhalte auf den Kindle bekommt. Weiter geht es mit „Lesen“, dem dritten Kapitel, wo unter anderem verschiedene Büchereinstellungen durchgegangen werden. Im Anschluss folgt das Kapitel „Tipps & Tricks“, bevor im letzten Kapitel eine Art FAQ aufgeführt wird. Der Aufbau ist sinnvoll und die Kapitel bauen teilweise aufeinander auf.
Die ersten drei Kapitel nehmen einen Großteil der Seiten in Anspruch, was direkt auf die Ausrichtung des Buchs hinweist. Besonders Anfänger scheinen die Zielgruppe zu bilden. In dieses Schema passt auch, dass das anteilige Verhältnis zwischen Bild und Schrift oft 50:50 beträgt. Gerade für Anfänger ist das praktisch. Zusammen mit dem immer verständlichen Stil, den Christian O. Schilling an den Tag legt, kommen keine Missverständnisse auf. In dieselbe Kerbe schlägt, dass es oft Wiederholungen oder Verweise auf frühere Kapitel gibt. Selbst wenig technikaffine Menschen dürften mit den vielen Schritt-für-Schritt-Anleitungen zurechtkommen.
Die besondere – und vielleicht größte – Stärke von „Kindle: Praktisches Handbuch für alle Modelle“ ist die Tatsache, dass es als gedrucktes Buch (und zwar nur so) vertrieben wird. Wenn ein Handbuch nur als E‑Book vorliegt, führt das oft zu dem Problem, dass man in das Handbuch schaut, dann das Getestete ausprobiert, und dann wieder das Handbuch aufrufen muss. Hier kann, während man das Geschriebene testet, gleichzeitig in das Buch geschaut und darin geblättert werden.
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Aufbau und Schwächen
Einige Fehler trüben das Gesamtbild. Ein Beispiel: Gleich zu Beginn – in den „Basics“ sozusagen – wird erklärt, dass man den Kindle ausschalten könne, indem man kurz die Ein-/Aus-Taste drückt. Das Gerät verbrauche dann keinen Strom. Tatsächlich handelt es sich dabei aber nur um den „Schlafmodus“, der zwar fast keinen Strom verbraucht, aber eben nur fast. Ab und an sieht der Kindle trotzdem nach, ob eine Datei für ihn vorliegt. Ganz ausschalten kann man das Gerät, wenn man die Ein-/Aus-Taste für mehrere Sekunden (je nach Kindle-Modell 5 bis 15) gedrückt hält. Ein weißer Bildschirm ist das Resultat und das Zeichen für einen ganz ausgeschalteten Kindle. Hält man die Taste 20 Sekunden lang gedrückt, startet der Kindle neu — ein weiteres Detail, welches der Autor auslässt.
Die Anmerkung, dass man mit 3G in über 300 Ländern E‑Books im Kindle-Shop herunterladen kann, ist ebenfalls nicht ganz richtig. Man kann nur dort E‑Books herunterladen, wo man auch einen Amazon-Account hat. Ist man mit deutschem Amazon-Account in den USA, dann kann man auch über 3G keine E‑Books herunterladen, zumindest nicht ohne Umwege. Berichtigend erwähnt der Autor des Öfteren, dass man E‑Books (nur) auf Amazon.de kaufen kann. Allerdings kann man auch als Deutscher einen Amazon.com-Account haben bzw. das De-Konto nach Amazon.com übertragen und darüber E‑Books kaufen.
Gelegentlich werden wichtige Funktionen des Kindle ausgelassen. In Kapitel 2.4 zum Beispiel wird erklärt, wie man per E‑Mail Dateien auf den Kindle schickt. Unterschlagen wird die Information, dass man in die Betreffzeile „convert“ eingeben kann, was beispielsweise eine PDF-Datei in ein für den Kindle angenehmeres Format umwandelt.
Die Reihenfolge der Textabschnitte ist meistens logisch. Allerdings ist es verwunderlich, dass beispielsweise zuerst die Anmeldung des Kindle geschildert wird, noch bevor die Einrichtung des Internets erklärt wird. Diese Abfolge funktioniert nur bei Kindle-Modellen mit 3G-Anschluss.
Wie bereits angeklungen ist die Rubrik Tipps & Tricks mit Abstand die kürzeste Sektion. Ein paar Alternativen zu Tools wie Calibre (dem gerade einmal eine Seite gewidmet wurde) wären wünschenswert gewesen.
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Handbuch für alle Modelle
Ein Handbuch über alle in Deutschland verfügbaren Kindle-Modelle zu schreiben, ist nicht ganz einfach. Zwar basieren alle auf demselben Betriebssystem, aber fast immer ist von Kindle zu Kindle ein anderes Vorgehen nötig. Diese Hürde überspringt der Autor durchgängig mühelos, auch wenn die enthaltenen Bilder meistens den Kindle Touch zeigen. Oft sind die Vorgehensweisen für alle drei Modelle separat geschildert.
Lobenswert ist die Idee eines Index und einer „Schnelle Antworten auf häufige Fragen“-Rubrik. Zwar wird in letzterer vieles wiederholt, was schon genannt wurde (leider auch der Fehler mit dem Ausschalten), aber für schnelle Hilfe ist ein solches Kapitel trotzdem praktisch. Auch der Index erfüllt diese Funktion zumeist zuverlässig. Allerdings fehlen einige wichtige Begriffe, und andere sind merkwürdig angeordnet. Sucht man beispielsweise „E‑Mail“, muss man nicht unter E, sondern unter K wie „Kindle-E-Mail“ nachsehen. In einem Buch, welches ausnahmslos dem Kindle gewidmet ist, eine seltsame Entscheidung.
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Fazit
In vielerlei Hinsicht ist „Kindle: Praktisches Handbuch für alle Modelle: Kindle Touch, Kindle 4, Kindle Keyboard“ ein gelungener Versuch, Anfängern die Grundstrukturen ihres Geräts zu vermitteln. Einige Fehler und Auslassungen verhindern allerdings eine uneingeschränkte Kaufempfehlung. Der stolze Preis von 14,95 Euro scheint für das Gebotene etwas überzogen. Fortgeschrittene oder gar Profis sollten die Finger von Christian O. Schillings Kindle-Handbuch lassen. Für alle anderen kann sich der Kauf dieses anschaulich gestalteten Helfers aber durchaus lohnen.
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