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E‑Books und illegale Downloads: vom Fehlstart einer gesamten Industrie

Die Musik‑, Film- und Video­spiel­in­dus­trie haben mit den Gefah­ren der Pro­dukt­pi­ra­te­rie bereits schmerz­li­che Bekannt­schaft gemacht. Im Zuge des Vor­marschs von E‑Books droht nun der Buch­bran­che ein ähn­li­ches Schick­sal. Bereits jetzt wer­den rund 60 Pro­zent aller E‑Books ille­gal her­un­ter­ge­la­den, wie eine Stu­die zur digi­ta­len Con­tent Nut­zung zeigt. Über ver­pass­te Chan­cen und ver­schie­de­ne Ansät­ze eines Dilemmas.

Raubkopien - das neue Problem von E-Books ( Bild: Thorben Wengert  / pixelio.de)

Raub­ko­pien — das neue Pro­blem von E‑Books ( Bild: Thor­ben Wen­gert / pixelio.de)

Das per­fek­te Fall­bei­spiel direkt vor der Nase und doch die Gefahr ver­kannt. Die­ser Situa­ti­on sieht sich der Buch­han­del heu­te aus­ge­setzt. Doch der Rei­he nach. Mit dem Sie­ges­zug des Inter­nets Ende der neun­zi­ger Jah­re und der damit ein­her­ge­hen­den Digi­ta­li­sie­rung trat ein Phä­no­men auf, wel­ches so nie­mand kom­men sah. Ille­ga­ler Down­load von Musik kam in Mode und ver­ur­sach­te über Jah­re hin­weg Schä­den in Milliardenhöhe

Fil­me und Video­spie­le auf diver­sen Tausch­bör­sen oder One-Click-Hos­tern folg­ten. Sich in den dar­auf­fol­gen­den Jah­ren lang­sam aus der Läh­mung befrei­end, wur­den ver­schie­de­ne Metho­den erprobt, denen wir uns spä­ter noch wid­men wer­den. Die Schaf­fung eines Bewusst­seins dafür, dass auch das Her­un­ter­la­den eines Lie­des ohne dafür bezahlt zu haben eine Straf­tat dar­stellt, ist dabei wohl der größ­te Ver­dienst. Frei­lich ist es auch heut­zu­ta­ge illu­so­risch zu den­ken, man könn­te die­se Art von Pira­te­rie ver­hin­dern. Trotz­dem ver­zeich­net man heu­te – zumin­dest in der Musik­bran­che – weni­ger Gewinn­ver­lust durch ille­ga­le Down­loads als in den Jah­ren zuvor. Bei E‑Books ist das Gegen­teil der Fall. Hier geht die Anzahl der ille­ga­len Down­loads durch die Decke. Warum?

Das E‑Book als perfektes Opfer

Ein E‑Book besitzt eine klei­ne Datei­grö­ße. Viel­leicht eine etwas grö­ße­re als ein Musik­stück, aber den­noch mega­byte­weit unter der eines Films oder eines Video­spiels. Wo ein Lied im Durschnitt etwa drei bis vier Minu­ten lang ist, dau­ert der Kon­sum eines Buches oft Tage. Von allen Medi­en besitzt also das E‑Book das bes­te Grö­ße/­Nutz­zeit-Ver­hält­nis. In nur weni­gen Sekun­den ist es her­un­ter­ge­la­den, das Lesen aber dau­ert erheb­lich länger.

Mit Epub wur­de anfangs ein offe­nes For­mat für E‑Books gewählt. Die Vor­tei­le von Epub lie­gen klar auf der Hand. Dass ein gemein­sa­mes For­mat Pro­dukt­pi­ra­te­rie begüns­tigt, ist kei­ner davon. Auch Gerä­te, die die­ses For­mat nicht von Haus aus unter­stüt­zen (wie der Kind­le) las­sen sich ent­we­der anpas­sen oder das betref­fen­de E‑Book ganz leicht ins pas­sen­de For­mat umwan­deln. Straf­bar ist das nicht.

Was gegen illegale Downloads machen? (Bild: Gerd Altmann  / pixelio.de)

Was gegen ille­ga­le Down­loads machen? (Bild: Gerd Alt­mann / pixelio.de)

Die Möglichkeiten

Kann man die ein­mal in Fahrt gekom­me­ne Eigen­dy­na­mik der ille­ga­len Down­loads stop­pen? Was kann man oder konn­te man tun? Wie­der­um lie­fern uns ande­re Lei­dens­ge­nos­sen eine Fül­le von zu unter­su­chen­den Ansatz­punk­ten, mit Hil­fe derer die Pro­dukt­pi­ra­te­rie ein­ge­dämmt wer­den könnte.

Härte

Jeder erin­nert sich an die­sen Wer­be­spot: Drei Kin­der ste­hen mit ihrer Mut­ter vor Gefäng­nis­mau­ern und sin­gen dem unsicht­ba­ren Vater Hap­py Bir­th­day vor, der sich als Raub­ko­pie­rer straf­bar gemacht hat. Die­se Schock­the­ra­pie vor mehr als fünf Jah­ren lös­te nicht nur hef­ti­ge Dis­kus­sio­nen aus, son­dern war auch der Auf­takt zu einer regel­rech­ten Hetz­jagd auf den nun geäch­te­ten Raub­ko­pie­rer. Die Ver­fol­gung von Pro­dukt­pi­ra­ten war ein­ge­lei­tet. Aber­tau­sen­de Straf­an­zei­gen gin­gen in den dar­auf­fol­gen­den Jah­ren ein. Ille­gal down­loa­den war nicht mehr län­ger ein Kava­liers­de­likt. Erfol­ge wur­den damit vor allem indi­rekt erzielt. Die Kam­pa­gne gilt heu­te als Erfolg und könn­te in Zusam­men­hang mit dem Dieb­stahl von E‑Books leicht ein Revi­val erle­ben. Hier befin­det sich die Buch­bran­che in einer dank­ba­re­ren Situa­ti­on als sei­ner­zeit die Vor­gän­ger, da einem Raub­ko­pie­rer heut­zu­ta­ge in den meis­ten Fäl­len bewusst ist, dass er eine Straf­tat begeht – auch wenn es sich um ein E‑Book handelt.

Preisoffensive

Noch immer kos­ten, abge­se­hen von den vie­len (lega­len!) Gra­tis-Mög­lich­kei­ten, E‑Books ähn­lich viel, wie ihre gedruck­ten Ver­wand­ten. Für den Käu­fer ist das unein­sich­tig, fal­len doch bei E‑Books weni­ger Kos­ten durch den ver­kürz­ten Dis­tri­bu­ti­ons­weg und den weg­fal­len­den Druck an. Kann der Kun­de den Preis nicht nach­voll­zie­hen, beschleicht ihn der Ver­dacht, dass hier der Kapi­ta­lis­mus sei­ne häss­li­che Frat­ze zeigt und sich irgend­je­mand unan­ge­mes­sen berei­chern will. Wut und Trotz dar­über füh­ren leicht zu der nächs­ten Tausch­bör­se. Die  ver­meint­li­che Unge­rech­tig­keit des Prei­ses wird durch eine wei­te­re Unge­rech­tig­keit aus­zu­glei­chen ver­sucht. Soviel zur Psy­cho­lo­gie. Schuld an die­sem Dilem­ma ist vor allem die deut­sche Buch­preis­bin­dung, die kei­ne Abwei­chun­gen zwi­schen den Prei­sen ver­schie­de­ner Online­shops erlaubt. Zwar wird ver­ein­zelt immer öfter die­se Preis­bin­dung auf­ge­ho­ben bezie­hungs­wei­se gelo­ckert, aber für das Gros der Bücher gilt sie eben doch. Hier wäre nun der Ansatz­punkt die (eigent­lich zahl­wil­li­ge) Abneh­mer­schaft mit fai­ren Prei­sen zu über­zeu­gen. Auch die Jah­res­best­sel­ler 2011 zei­gen, dass bil­li­ger Bücher beson­ders beliebt sind.

Kopierschutzmaßnahmen

Kopierschutz als Lösung? (Bild: www.jenpix.de  / pixelio.de)

Kopier­schutz als Lösung? (Bild: www.jenpix.de / pixelio.de)

In der Film- und Video­spiel­bran­che sind sie ein belieb­tes Mit­tel, bei Nut­zern sor­gen sie oft für Frust: Soge­nann­te Kopier­schutz­me­cha­nis­men. Das Ziel von sol­chen Maß­nah­men ist es, die Ver­viel­fäl­ti­gung von Pro­duk­ten zu erschwe­ren. So gut wie jede Disc, sei es die CD, eine DVD oder eine Blu-Ray, ist mit einem Kopier­schutz ver­se­hen. Mal ist er beson­ders stark, was bei Blu-Rays manch­mal dazu führt, dass sie nicht von allen Play­ern abge­spielt wer­den kön­nen, mal ist er schwach, so dass er selbst für Lai­en kein gro­ßes Hin­der­nis beim Raub­ko­pie­ren dar­stellt. Am här­tes­ten erwischt es Video­spie­ler, bei denen bei man­chen Games gar eine per­ma­nen­te Inter­net­ver­bin­dung erfor­der­lich ist.

Als Faust­re­gel gilt jedoch: Es gibt kei­nen unknack­ba­ren Kopier­schutz. Trotz­dem wird die Buch­bran­che wohl auch die­ses Mit­tel nut­zen, allein schon um uner­wünsch­tes Ver­lei­hen von Büchern zu ver­hin­dern. Hier kommt auch wie­der das Epub-For­mat ins Spiel, wel­ches mitt­ler­wei­le vie­len E‑Rea­der-Her­stel­lern ein Dorn im Auge ist. Dass Epub wohl kein For­mat der Zukunft ist, zeigt sich dadurch, dass App­les jüngs­ter Aus­flug in die Welt der E‑Books nicht auf das belieb­te Open-Source-For­mat setzt. Falls sich die Ver­le­ger die­ser Maß­nah­me wid­men, bleibt für den Kun­den zu hof­fen, dass die Restrik­tio­nen so gering wie mög­lich ausfallen.

Höchste Eisenbahn

Dass irgend­was getan wer­den muss ist klar. Dass es schon viel frü­her hät­te getan wer­den müs­sen auch. Sicher­lich war es von Anfang an ein Kampf auf ver­lo­re­nem Pos­ten. Ille­ga­le Down­loads las­sen sich eben nicht stop­pen. Trotz­dem ist die Tat­sa­che, dass 60 Pro­zent aller Bücher per Raub­ko­pie ihren Weg auf die E‑Reader fin­den, ein Armuts­zeug­nis. Es ist ein Zei­chen dafür, dass eine gan­ze Indus­trie den Sprung ins digi­ta­le Zeit­al­ter zwar gewagt hat, sich aber der Kon­se­quen­zen nicht bewusst war. Nun zahlt man den Preis dafür, darf die Scher­ben auf­sam­meln und sie lang­sam wie­der an den rich­ti­gen Platz karren.

Mitt­ler­wei­le hat man die Gefahr erkannt, ist sich aber uneins über den rich­ti­gen Umgang mit der Situa­ti­on. Zum einen for­dern Ver­le­ger und Buch­händ­ler die Poli­tik auf, einen kon­se­quen­ten Rechts­rah­men her­bei­zu­füh­ren, zum ande­ren will man vor­erst ledig­lich mit War­nun­gen, die dem Raub­ko­pie­rer beim Down­load ein­ge­blen­det wer­den, arbei­ten. Ein ent­schlos­se­nes, gemein­sa­mes Han­deln sieht anders aus.

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